Zeitungs-Artikel zu ungeliebten Weihnachts-Geschenken

Wie man Knigge-konform auf missfallende Geschenke reagiert und was es zu Silvester und Neujahr zu beachten gibt

Hier lesen Sie das komplette Interview von Redakteurin Anika Zidar von der Augsburger Allgemeinen:

Nicht alle Geschenke kommen gut an – darf ich das offen sagen? Susanne Erdmann gibt Tipps und sagt auch, was stiltechnisch an Silvester und Neujahr zu beachten ist.

Frau Erdmann, Sie sind Expertin für gute Umgangsformen. Darf ich ungeliebte Geschenke weitergeben oder verkaufen? Oder gebe ich sie besser zurück, damit der Schenkende sie umtauscht?

Susanne Erdmann: Einen Verkauf sehe ich kritisch: Ein Geschenk zu bekommen und mit ihm Geld zu verdienen, ist sehr befremdlich – und trifft den Sinn des Schenkens nicht! Neuwertiges zu spenden oder an die weiterzugeben, die Freude daran haben, damit wäre ich einverstanden. Geschenke zurückgeben ist aber auch keine gute Lösung. Das ist so ein starkes Signal, dass sich die Schenkenden zu Recht vor den Kopf gestoßen fühlen. Lieber sollte man verbalisieren, wenn etwas nicht so gut passt.

Darf ich also offen sagen, wenn mir ein Geschenk nicht gefällt?

Erdmann: Es hängt sehr davon ab, in welcher Beziehung man zu dem Menschen steht, der das Geschenk ausgewählt hat. Bei Nahestehenden wäre es sinnvoll, das Thema anzusprechen – um nicht in Zukunft erneut ein Missgeschenk zu erhalten. Bedenken Sie immer: Wenn jemand etwas schenkt, passiert das nicht, weil er zu viel Zeit oder Geld hat, sondern um die Beziehung zu stärken und zu unterstreichen, wie sehr er mich wertschätzt. Deshalb sollte auch bei ungeliebten Geschenken Dank an erster Stelle stehen.

Wie erkläre ich freundlich, dass mir ein Geschenk missfällt, ohne Schenkende zu verletzen?

Erdmann: Es funktioniert wie jedes konstruktive Feedback: Ein Danke bietet sich immer an, für die Mühe und Zeit, die jemand investiert, um ein Geschenk auszuwählen. Auch die Verpackung kann man loben, wenn sie besonders hübsch ist. Es geht darum, etwas Positives zu sagen und Freude zu signalisieren, dass man beschenkt wurde. Dann ist eine Ich-Botschaft wichtig, um den kritischen Teil gut rüberzubringen.

Haben Sie ein Beispiel?

Erdmann: Man könnte bei einem unpassenden Buchgeschenk etwa sagen: „Du weißt, ich bin eine absolute Leseratte – aber ich lese lieber Krimis als Liebesromane.“ So wertschätze ich, dass mich jemand gut kennt und nach einem Buch gesucht hat, stelle aber gleichzeitig klar, welche Bücher ich beim nächsten Mal lieber geschenkt bekommen möchte.

Geht es um Kinder, wird Schenken oft kompliziert. Ist es dreist, im Vorhinein eine Geschenkeliste an Familie und Bekannte zu geben?

Erdmann: Es ist auf jeden Fall sinnvoll, Verwandten und Bekannten ein Signal zu geben, in welche Richtung es gehen sollte. Oma, Opa, Tante oder Onkel freuen sich oft über Geschenk-Tipps, Eltern dürfen da ruhig koordinieren. Sonst besteht das Risiko, Spielsachen doppelt zu bekommen. Allerdings ist Maß halten auch immer eine gute Empfehlung. Auch bietet sich anderes als Spielzeug an, etwa ein schönes Kleidungsstück oder ein Bademantel. Und auch die Menge dürfen Eltern im Vorhinein bestimmen: Kinder sind eher überfordert, wenn sie zehn oder mehr Geschenke auf einmal erhalten.

Andersherum gefragt: Habe ich als Schenkende ein Recht auf Feedback?

Erdmann: Oft heißt es: Nur wer Erwartungen hat, kann enttäuscht werden. Aber wer ein Geschenk macht, kann damit rechnen, dass eine Reaktion kommt. Zu mindestens ein einfaches „Danke“ darf jeder Schenkende erwarten. Als Beschenkter nicht zu reagieren, ist wirklich ein No-Go.

Wie verhält es sich an Silvester: Muss ich ein Geschenk zur Party mitbringen?

Erdmann: Ein gutes Gastgeschenk gehört sich immer, wenn man eingeladen ist. Denkbar ist auch, dass ich etwas zum Buffet beisteuere. Besonders eignen sich Blumen, Pralinen, ein guter Wein oder Champagner – am besten eine Flasche, die nicht an dem Abend geöffnet wird. Auf diese Weise lässt sich die Zeit und Mühe sehr gut wertschätzen, die die Gastgeber zur Vorbereitung investieren.

Was sollte ich als Gast einer privaten Silvesterparty sonst beachten?

Erdmann: Es ist ratsam, im Vorhinein vom Gastgeber etwas über den Rahmen zu erfahren: Wird es ein einfaches Raclette-Essen oder eine große Feier? Wird getanzt oder bleibt es gemütlich- zwanglos? Wichtig ist auch, ob man um Mitternacht ins Freie geht und wie die Gastgeber zum Thema Silvesterfeuerwerk stehen. Das sind die Informationen, mit denen ich mein Outfit wähle und mich auf die Party vorbereite.

Was darf ich nicht vergessen, wenn ich selbst Gastgeberin bin?

Erdmann: Jede Feier lebt von einer guten Stimmung. Also sollte ich mir genau überlegen, wie die Gäste harmonieren und für größere Runden sogar Tischkärtchen platzieren. Es ist nicht hilfreich, wenn zwei Wortkarge nebeneinander sitzen – oder noch schlimmer: zwei Gäste, die nicht miteinander auskommen. Wer für gute Stimmung bekannt ist, sollte dagegen zentral sitzen, um andere einbinden zu können.

Und zum Abschluss: Wie überbringe ich am elegantesten meine Neujahrswünsche?

Erdmann: Ganz wichtig: Als Erstes dem Partner! Dann kann man engen Freunden ein frohes Neues Jahr wünschen – und den Menschen, mit denen man auf einer Party die Silvesternacht verbringt. Allen anderen, die nicht direkt vor Ort sind, kann man guten Gewissens am nächsten Morgen nach dem Ausschlafen Neujahrswünsche übermitteln. Je nachdem, wie nahe man sich steht, funktioniert das per Anruf, Mail oder Kurznachricht. Und im Büro bietet es sich nach der Rückkehr noch bis Mitte Januar an, ein gutes Neues Jahr zu wünschen.

Zur Person: Die Augsburgerin Susanne Erdmann ist zertifizierte Etikette-Trainerin und Vorstandsmitglied der Deutschen Knigge Gesellschaft.